Wen sollten Gewerkschaften ansprechen: Beschäftigte oder Mitglieder?

von Pheno

Wen sollten Gewerkschaften ansprechen: Mitglieder oder Beschäftigte?

 

Kaum ein Thema haben wir über die Jahre intensiver mit unseren Kund*innen diskutiert als diese Frage: An wen richten wir uns im Rahmen von gewerkschaftlichen Kampagnen und Projekten? Sprechen wir „nur“ unsere Mitglieder an oder richten wir uns auch an nichtorganisierte Beschäftigte?  Klar, aus Kampagnenform und Inhalt ergibt sich oftmals bereits die Antwort: Eine Druckkampagne richtet sich an die gesamte betriebliche Öffentlichkeit – eine Vertrauensleute-Wahlkampagne per Definition an Mitglieder und Aktive. Doch oftmals gibt es keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Gerade anhand des gewerkschaftlichen Kerngeschäfts Tarif lässt sich das Für und Wider einer erweiterten bzw. einer exklusiven Ansprache trefflich diskutieren.

Tarifkampagnen: Erfolg durch Organisationsstärke und Mobilisierung

Tarifkampagnen sind Kristallisationspunkt gewerkschaftlicher Arbeit: Hier beweisen sich gewerkschaftliche Durchsetzungskraft, das Potenzial der Mobilisierung und der Organisationsgrad der Mitgliederorganisation Gewerkschaft. Diese Faktoren sind das Herzstück gewerkschaftlichen Erfolgs und auf dieser Grundlage haben Gewerkschaften über Jahrzehnte alles das erkämpft, was wir heute an guter Arbeit genießen. Und darin liegt auch schon das Urproblem der gewerkschaftlichen Tarifarbeit begründet: Was organisierte Mitglieder gemeinsam in der Tarifbewegung erkämpfen, kommt am Ende allen zu Gute – auch den Nichtmitgliedern! Ein universelles spieltheoretisches Dilemma, das man als Mitnahmeeffekt oder einfach als Trittbrettfahrertum bezeichnen kann. Für den Einzelnen, der einem rein ökonomischen Kalkül folgt, erscheint es vorteilhafter, sich die Kosten der Gewerkschaftsmitgliedschaft und das Engagement in der Tarifbewegung zu sparen, da die Tarifbewegung mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne ihn die Tariferfolge durchsetzt, von denen man am Ende profitiert.

Ohne Mitgliedschaft keine Beteiligung!

Nun gibt es einige Taktiken innerhalb einer Kampagne, um diesem Phänomen entgegenzutreten. Eine davon ist die exklusive Kommunikation mit und Beteiligung von Mitgliedern. Die Logik dahinter: Wer nicht bei uns organisiert ist, hat kein Recht auf Information und Beteiligung. Diese Taktik ist nicht nur vollkommen gerechtfertigt - sie sendet auch eine wichtige Botschaft der Wertschätzung an die Mitglieder: Eure Mitgliedschaft trägt unsere Tarifbewegung und ist viel wert! Deswegen braucht es auch immer exklusive Angebote und Vorteile – nur für Mitglieder!

Wann spreche ich auch Beschäftigte an?

Trotzdem kann es begründete Ausnahmen geben – und das ist unser Plädoyer an dieser Stelle – die es sinnvoll machen, dieses Dogma zu durchbrechen und auch Nichtmitglieder in die Kommunikation miteinzubeziehen und auch zu beteiligen. Für uns ist dies immer dann der Fall, wenn der Erfolg der Tarifbewegung von der Mobilisierung unter den Beschäftigten abhängt und die Gewerkschaft am Ende durch ihre Mitgliederentwicklung davon profitieren kann.

Denn wann ist eine Tarifbewegung erfolgreich? Natürlich sind ein gutes Tarifergebnis, ein hoher Grad an Mobilisierung und eine starke öffentliche Wirkung zentrale Ziele der Bewegung. Der eigentliche Erfolgsparameter, der auch die zentrale Mechanik innerhalb einer Tarifbewegung abbildet, ist allerdings die Mitgliederentwicklung. Denn der zentrale Zusammenhang lautet: Je mehr Mitglieder desto erfolgreicher ist die gewerkschaftliche Durchsetzungskraft einer Tarifbewegung. Daher muss eine Tarifkampagne immer zugleich und zuerst als Mitgliederentwicklungskampagne geplant und umgesetzt werden: Bei jeder Aktion gilt es, bestehende Mitglieder zu mobilisieren, zu binden und neue Mitglieder zu gewinnen.

Gezielte Ansprache von Beschäftigten

Gerade in Tarifkampagnen empfehlen wir auch phasenweise alle Beschäftigten zu adressieren. Ziel ist es, zunächst Kontakte aufzubauen – Kontakte sind die Währung, mit der wir in eine erfolgreiche Tarifkampagne investieren: Schrittweise sprechen wir über verschiedene Kanäle (Mailings, Posts auf FB, LinkedIn, Instagram, YouTube, Druckmedien etc.) Beschäftigte an, holen ihre Kontaktdaten und die Erlaubnis ein, sie in der Folge über die Tarifbewegung und darüber hinaus zu informieren. Alle Maßnahmen werden auf das klare Ziel ausgerichtet: Kontakte aufbauen, bestehende Mitglieder aktivieren und neue Mitglieder gewinnen.

Der Weg zu einem starken Organisationsgrad, aber auch zu einer starken betrieblichen Mobilisierung führt daher über die Beschäftigten: Die Tarifkampagne nimmt jede/n Einzelne/n mit auf einen Weg zum Tariferfolg: Gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und mehr Mitglieder für die Gewerkschaft.  



Hier gehts zu unseren Angeboten:

Tarifkampagnen

Digitale Befragungen

BR/VL/PV-Wahlen

Interesse an einer Zusammenarbeit?

Preise und Infos anfragen!

Mehr über uns: pheno.berlin